Trennen und Verbinden im Taijiquan

Es gibt viele Analogien zur Erklärung des Taijiquan. Mir ist neulich beim Unterrichten eine in den Sinn gekommen, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Oft ist die Frage, und ich hatte sie mir auch selbst einmal gestellt, warum man von Meister Chen Zhonghua manchmal hört, man müsse den Körper verbinden und dann wieder, dass man ihn komplett entkoppeln muss, sodass sich alles unabhängig bewegt. Das klingt doch zunächst nach einem Widerspruch.
Noch bevor ich zu Practical Method gekommen bin, hab ich hier und da ein paar Theorieschnipsel zu Taijiquan zusammengesammelt. Eines davon in der Nähe des Shaolin Tempels in einer traditionellen Shaolin Kungfu Schule.

Ein Mann aus Taiwan, der sich selbst Benny nannte und dort die Kinder in Chinesisch, Mathematik und Ethik unterrichtete hatte selbst einige Jahre einen ungewöhnlichen Yang Stil trainierte und mir unter anderem verraten, dass es im Taijiquan 9 Kreise gibt. "Sobald sich eines davon bewegt, bewegen sich alle." Sagte er mir. Das klang sehr wichtig und obwohl ich das natürlich erst komplett falsch verstanden hatte schrieb ich es mir auf und dachte viel darüber nach.
Erst nachdem ich zu Meister Chen Zhonghua gekommen bin, hat Bennys Kommentar Sinn ergeben. Gemeint waren die Zahnräder. Und die Zahnräder bewegen sich auch nicht alle gleichzeitig, nein, sie drehen sich!
Meister Chen kommt immer wieder mit dieser Analogie der Zahnräder, und dass wir diese in unserem Körper entwickeln müssen, bevor Anwendungen des Taijiquan überhaupt möglich sind.

Meine Analogie, zu der ich gleich komme, bezieht sich nicht auf die Zahnräder selbst. Ich finde diese recht griffig und verständlich. Darunter kann sich für gewöhnlich jeder etwas vorstellen.

Ich möchte eher veranschaulichen warum verbinden und trennen des Körpers kein Widerspruch ist. Nach meinem bisherigen Verständnis ist es eine notwendige Entwicklung auf der zeitlichen Skala. Zuerst trennen, dann verbinden. Jede dieser Entwicklungen dauert mehrere Jahre.

Trennen und Verbinden

Zunächst einmal muss der Praktizierende alle Teile seines Körpers trennen. Dann erst kann er sie Verbinden. Und genau an diesem Punkt greift meine Analogie auf.

Man stelle sich eine Lego Figur vor. Sie besteht aus ganz vielen Legosteinen. Diese Figure, ich gehe hier einmal von Lego Technics aus, kann bestimmte Bewegungen ausführen, andere gar nicht, oder unvollständig.
Mit Taijiquan ändern sich aber die Anforderungen. Es müssen Bewegungen möglich sein, die diese Lego Figur nicht ausführen kann. Man muss diese Figur jetzt also Stück für Stück auseinander nehmen und alle Teile vor sich ausbreiten.
Anschließend kann man die Bausteine wieder zu einer neuen Figur zusammenbauen welche die Anforderungen erfüllt.

Das Trennen ist abgeschlossen, sobald alle Teile voneinander unabhängig, also auseinander gebaut sind. Nun kann jedes Teil einzeln verwendet werden.

Im Anschluss kommt das Verbinden. Hier werden die einzelnen Teile so miteinander Verbunden, sodass die neuen Anforderungen erfüllt werden können.
Dabei ist wichtig, dass beim Verbinden die oben erwähnten Zahnräder herausgebildet werden. Die Zahnräder repräsentieren dabei lediglich, dass sich die Körperteile zueinander proportional bewegen. Dazu aber an anderer Stelle mehr.